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Wer, wie, was?

In den deutschsprachigen Medien wird wenig über den lateinamerikanischen und karibischen Raum berichtet. Wenn doch, ist entweder etwas sehr Dramatisches passiert (Erdrutsch in Brasilien) oder es geht um Ereignisse, die aus westeuropäischer Sicht als relevant erachtet werden. Das kann zum Beispiel die Präsidentschaftswahl in Brasilien oder der Abschluss eines transatlantischen Freihandelsabkommens sein. Und selbst dann werden meist die Hintergründe und die Bedeutung dieser Geschehnisse für die Menschen vor Ort nicht klar.

Hier möchte ALA ansetzen. Es geht um Themen, die über die nachrichtliche Berichterstattung hinaus gehen und in der Medienwelt zu kurz kommen. Um Sachverhalte, die falsch dargestellt werden (zum Beispiel warum die USA nicht Amerika sind). Um Menschen, die von bestimmten Situationen betroffen sind, sich politisch und aktivistisch engagieren, gegen Ungerechtigkeit kämpfen oder eine Geschichte mit sich tragen, die gehört werden will.

Der Fokus liegt dabei auf eben diesen Personen – ich möchte weitestgehend im Hintergrund bleiben. Hier soll Platz sein für individuelle Schicksale, für Meinungen und für Erfahrungen von Menschen, die aus Lateinamerika stammen (und dort leben).

Über mich

Hi, ich bin Josy! Seit 2020 darf ich mich offiziell als Geografin bezeichnen, trotzdem fällt mir bei Stadt-Land-Fluss in 80% der Fälle kein Gewässer ein. Momentan mache ich meinen Master in Lateinamerika-Studien an der Uni Hamburg und schreibe nebenher als freie Journalistin. Ich bin gerade dabei diese Tätigkeit zu professionalisieren, um damit irgendwann meinen Lebensunterhalt finanzieren zu können. Dieser Blog ist ein Schritt auf dem Weg dorthin.

Seit ich 15 bin überquere ich regelmäßig den Atlantik und habe jeweils einige Monate in Chile und in Ecuador gelebt. 2019 hatte ich auch die Möglichkeit Kolumbien kennenzulernen, 2022 bin ich im Rahmen einer universitären Forschungsreise für zwei Monate nach Mexiko gegangen und 2023 war ich auf Kuba.

Ja, ich bin eine urdeutsche Kartoffel – keine Wurzeln in Lateinamerika (sondern in Mittelfranken). Trotzdem habe ich das Gefühl, dass mich die Zeit in Chile während meiner Pubertät extrem geprägt hat. Neun Jahre danach stehe ich noch immer in engem Kontakt mit meiner damaligen Gastfamilie, die mir so wichtig geworden ist wie meine Familie in Deutschland.

Ich kann mit gutem Gefühl sagen, dass meine Erfahrungen vor Ort über die Eindrücke eines Freiwilligendienstes hinaus gehen. Ich habe Einblicke in sehr unterschiedliche (Lebens-)Realitäten erhalten, war und bin in engem Austausch mit Einheimischen, habe auch hier in Deutschland Freund*innen und Bekannte aus Lateinamerika. Ich versuche immer informiert zu bleiben – durch Nachrichten, durch Literatur, durch Veranstaltungen – und setze mich natürlich durch mein Studium auch im wissenschaftlichen Kontext viel und ständig mit dem Kontinent auseinander.

Trotzdem würde ich mir nicht anmaßen zu behaupten, ich hätte „den Kontinent verstanden“. Diese Floskel ist Quatsch und wird mir als außenstehende Person ohnehin verwehrt bleiben.

Ist das okay?

Mir ist klar, dass man es kritisch sehen kann, dass eine weiße, westeuropäisch sozialisierte Person über einen Kontinent schreibt, in dem sie nicht beheimatet ist und der eine lange und qualvolle Kolonialgeschichte hinter sich hat, die eben diesem Westeuropa zu verschulden ist. „Hinter sich haben“ ist da eigentlich auch die falsche Bezeichnung – post- und neokoloniale Strukturen herrschen auch heute noch vor und verfestigen die bestehende „Weltordnung“, die Ungerechtigkeit schafft und fördert. Und dann schreibe ich auch noch aus der Ferne und bin nicht mal vor Ort.

Das ist ein Grund, warum ich meine eigene Sichtweise in den Hintergrund stellen und Sachverhalte aus den Augen derer betrachten möchte, die betroffen sind. Sei es aus der einfachen Tatsache heraus, dass sie aus dem Land kommen, um das es geht, oder weil sie eine bestimmte Erfahrung gemacht haben. Hier geht es nicht darum, Menschen „eine Stimme zu geben“. Die Stimme haben sie selbst und sie brauchen mich nicht, um ihre Geschichte zu erzählen. Vielmehr möchte ich dadurch eine realistische Perspektive ermöglichen, die ich selbst durch meinen Background nicht bieten kann.

Ich bin mir meiner Position bewusst und gebe mir größte Mühe, sie beim Schreiben immer mitzureflektieren. Sollte ich mich dennoch mal unbewusst überheblich, rassistisch und/oder anderweitig diskriminierend äußern, macht mich bitte unbedingt darauf aufmerksam!

So, und jetzt: viel Spaß beim Lesen!